Schlechte Kugeln, schlechtes Blatt? Der Tag, an dem der ehemalige Buchhalter Chris Moneymaker 2003 die Poker Weltmeisterschaft im No Limit Texas Holdem in Las Vegas gewann, ist legendär und veränderte Atmosphäre und Klientel der Spielbanken. Verwundert waren die Direktoren über derlei großen Andrang.
Moneymaker ist ein lausiger Poker Spieler und gewann nur mit viel Glück, außerordentlich viel Glück. Sogar in der letzten und entscheidenden Hand des Turniers war er beim Austeilen der Karten mathematisch unterlegen. Der rote Faden hielt. Die Gemeinschaftskarten blieben ihm ein Segen. Er gewann.
Der danach aufkommende Poker-Boom kam wie ein Tornado über die konservativen Roulette Spieler in Deutschland, die wenigstens in Teilen der Spielbank noch etwas Glanz und Flair geben.
Nun dachte ein jeder noch nicht hinter den Ohren trockene, er könne mit 50 € Reichtümer beim Pokern gewinnen dem Vorbild Moneymaker folgend. Die in dem meisten Casinos aufgehobene Kleiderordnung sorgte dafür, dass die anströmenden Horden, die von sich selbst glaubten, alleine durch das Fernsehen etwas vom Pokern zu versehen, zum Teil aussahen, als wären sie der Kleiderkammer entsprungen. Umgangsformen gab es wenig, dafür viel Geschrei und Silberrückengebrüll. Ein moderner Kindergarten im Tamagotchi Style.
Die Roulette Kugel betrachtete das Geschehen in aller Ruhe, ebenso alte Hasen, die sich mit ihrem Roulette System besser zu beschäftigen wussten.
Am Anfang waren es viele, zu viele. Das Casino glich manchmal einer heruntergekommenen Spielhalle. Rücksichtnahme auf andere Spieler, anständiges Benehmen und vorausschauende Intelligenz suchte man bei den neuen Gästen in weiten Teilen vergebens. Die Roulette Spieler waren erstaunt über das Neue, das den Saal bevölkerte. Ihnen sind Geschichten über angebliche Millionengewinner durch Roulette Systeme wohl bekannt.
Es kam, wie es kommen musste: Die, die schon vorher über Jahre hinweg erfolgreich Poker spielten, nahmen die neuen, im Geiste schon reichen, aus. Spielten am Anfang noch knapp 100 Personen Turniere und um Cash, floss das Geld von 80 in die Taschen der anderen 20. Auf gut Deutsch: So massiv wie der Hype begann, so kontinuierlich ebbte er wieder ab. Heute sitzen die übrig gebliebenen 20 an den Tischen und nehmen sich gegenseitig das Geld weg.
Poker folgt, was die Geldströme angeht, offensichtlich einer ganz eigenen Strategie als das Roulette. Daraus entspringt zwangsweise die Frage, ob Roulette fairer ist als Poker, denn das Wesen der beiden Spiele ist zwangsläufig unterschiedlich.
Viele Situationen des Kartenspiels geben dem Spieler am Anfang eine Überlegenheit von ca. 70:30, manchmal sogar 80:20, also besser als ein Spiel auf 2 Dutzend. Roulette Systeme auf den Drittelchancen zeigen immer wieder, dass ein Dutzend ohne Weiteres 10x in Folge erscheinen kann, und das ist nicht annähernd die Grenze der Möglichkeiten.
Für den Pokerspieler bedeutet das, er kann 7x und öfter in Folge, jedes Mal, wenn er 2 Asse in der Hand hält, gegen jede andere Starthand verlieren. Nicht ausgeschlossen ist, dass er 15x in Folge mit A K in einer Farbe gegen eigentlich unbrauchbare Hände wie 2 7 in unterschiedlicher Farbe das Geld an sein Gegenüber ablassen muss.
Worin liegt jetzt der Unterschied zum Roulette System Spieler?
Wer nicht mit gefährlichen Progressionen arbeitet, der verliert in einer unglücklichen Situation beim Spiel der Spiele nur einen einzigen Einsatz. Man kann sich sammeln, neu sortieren und erneut sein Glück versuchen.
Der Poker Spieler hingegen riskiert mit jeder unglücklichen Hand sein ganzes Geld bzw. das Rausfliegen aus dem Turnier. Man kann noch so „intelligent“ spielen, eine Pechsträhne ist viel verheerender als die, die einen klugen Roulette Strategie Anwender treffen kann.
Das All-In gehen, also sein ganzes Geld bzw. alle Turnierchips für eine einzige Situation zu riskieren, erinnert in Teilen an einen Martingale Zocker, der seine letzte Progressionsstufe zündet. So ist es auch kein Wunder, wenn gute Poker Spieler 20, 30 sogar 100 Turniere lang keinen müden Cent einnehmen. Allerdings stellt sich dann die Frage, welchen finanziellen Nutzen das Ganze noch haben soll.
Dem Casino ist das Schicksal der Beteiligten völlig egal. Es entzieht jedem die Startgebühr und das regelmäßig bis nichts mehr da ist. Pokern fängt immer mit Minus an. Man muss gewinnen, denn das Startgeld ist schon weg. Nicht jeder lächelt mental darüber hinweg oder kann sich eigentlich für seine persönliche Situation Kostspieliges einfach so leisten.
Strategisch lässt sich das Roulette besser analysieren. Man beginnt nicht schon mit einem finanziellen Verlust, ist psychisch also unbeschadet. Jede einzelne Situation endet nicht zwangsläufig im Fiasko. Die Möglichkeit, Pausen einzulegen wann man will, ist gegeben. Durststrecken müssen kein Totalverlust sein.
Roulette mit Glück ist, wenn man es ganz nüchtern betrachtet, ungefährlicher und letztendlich fairer als Poker, bei dem angeblich jeder jeden „lesen“ kann und bei dem es so viele Profispieler gibt, die leider in vielen Fällen nur dadurch auffallen, dass sie ahnungslose online Spieler mit diversen, manipulierten Portalen ausnehmen, betrügen und sich im TV für Geld abgekartete, vorgetäuschte Pseudo-Duelle liefern.
Der Schein trügt nicht. Wer in der Spielbank aufmerksam jede Woche in die Ecke schaut, der sieht die Auswirkungen des vielleicht beliebtesten Kartenspiels der Welt. Der Haufen wird immer kleiner, der Kummer größer und das Gefühl kommt auf, der Plumpsack geht rum.
Roulette ist die Königin der Glücksspiele und wird es auf unabsehbare Zeit auch bleiben.